Gründonnerstag 

Jesus feiert mit seinen Jüngern das Abschiedsmahl der Liebe. Das große Drama geht seinem Ende zu. 

In dem was Jesus tut und sagt, gibt er den Jüngern sein Vermächtnis. 

 

Am Gründonnerstag und am Karfreitag, wird dabei aus dem Johannsevangelium gelesen. 

Dieser Evangelist versucht das letzte Abendmahl in 

engem Zusammenhang mit dem Kreuzestod Jesu zu sehen. 

Die Einsetzung des Abendmahles geschieht in gewisser Weise am Kreuz, dort wo Jesus sein Leben uns Menschen ausliefert als das "Brot für das Leben der Welt" (Joh 6,51). 

Deswegen ist der letzte Abend für Johannes "vor dem Paschafest", denn der Karfreitag ist ihm das eigentliche Pascha. 

Auch wenn historisch das Abendmahl das Paschamahl war; Johannes ergreift im Glauben, dass das eigentliche Paschamahl – dort wo das Paschalamm (Jesus) geschlachtet wird –  am Kreuz sein wird.

Vor diesem Paschafest schildert Johannes, dass das Mahl stattfindet. 

"Da Jesus die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung." 

 

Das Zeichen dafür ist, dass er, der Herr und Meister, er der von Gott gekommen ist und zu Gott zurückkehren wird, seinen Jüngern die Füße wäscht. 

Diese Aufgabe hatten bis jetzt nur Sklaven. Jetzt ist es eine göttliche Aufgabe. In der Freundesgemeinschaft der Jünger Jesu ist es Gottes Dienst an uns, damit auch wir so handeln, wie er an uns gehandelt hat.

 

Einer ist aber dabei, dem hatte der Teufel "ins Herz gegeben, ihn auszuliefern". In der gehörten Einheitsübersetzung heißt es, dass er verraten und ausgeliefert wird.  – Im Original steht nur "überliefern". 

Einer aus der Mitte der Jünger zieht das Gesetz des Handelns an sich und überliefert Jesus. 

Darin besteht der "Verrat". 

Dem Evangelisten Johannes ist es wichtig, dass diese Tat nicht von anderen und nicht von außen kommt. 

Er mutet uns zu, den Verrat an der Sendung Jesu in uns selbst zu sehen. 

Judas ist einer von uns. Er ist einer der zwölf Apostel. 

Wenn man die Apostel im Bischofsornat malt, müsste Judas einer von ihnen sein: Judas, Bischof und Apostelfürst der Kirche. 

 

In der Mitte der Kirche ist unsere Nachfolge gefährdet. Mehr noch, in meiner Mitte. 

 

Denn nicht um den Häretiker zu brandmarken und auszusondern, wird uns dies im Evangelium erzählt, sondern um jeden von uns aufzurütteln. 

Der Name "Judas" im Evangelium hält den Platz frei, damit wir das Dunkle in unserem eigenen Herzen in den Blick bekommen.

Dies alles geschieht beim Abschiedsmahl Jesu. 

 

Johannes will uns damit deutlich machen, dass hier sich zeigt, ob wir Jesus annehmen oder ausliefern, uns zu ihm bekennen oder ihm unseren Willen aufzwingen. 

Das Johannsevangelium zeigt diesen "Verrat" dort, wo die Jünger mit Jesus zusammen sind. 

Jesus wäscht auch dem Judas die Füße. Er dient auch dem Judas. So gibt sich Jesus auch jedem von uns im Brot der Eucharistie. 

Er hofft, dass wir verstehen und erleben, dass seine Liebe und sein Mühen uns gilt. Uns fragt er wie die Jünger: "Begreift ihr, was ich an euch getan habe?"

 

Judas hatte es nicht begriffen. Irgendetwas (Teufel) hatte ihm "ins Herz gegeben, ihn auszuliefern". 

 

Immer schon haben die Menschen gerätselt, was seine Motive gewesen sein mögen. Das Johannesevangelium schweigt darüber. 

 

Es macht aber deutlich, dass es nicht um irgendeinen finsteren Verrat geht, sondern um das Innerste, womit der der Mensch sich verschließt, Gott das Handeln nicht mehr überlässt, und selbst das Gesetz des Handelns übernimmt. 

 

Wir sollten daher heute nicht nur über einen Judas vor zweitausend Jahren nachdenken, sondern auch uns selbst sehen. 

 

Welche Gedanken haben wir im Herzen, mit denen wir Jesus an eigene Interessen / Egoismen und Machtgedanken ausliefern? Was hindert uns daran im Innersten auf den Willen Gottes zu schauen?

Judas ist nicht mehr rein. Der Spiegel seines Herzens ist trübe geworden. 

Nicht mehr Jesus spiegelt sich darin, sondern andere Götter: Geld, Einfluss, Herrschsucht, Egoismus. 

 

Auch wer vom Bad der Taufe gekommen ist, kann solchen Gedanken Raum geben im Herzen.  

Er riskiert, dass diese Gedanken Wirklichkeit werden und in eine Katastrophe führen.

Er wird dann nicht mehr begreifen, was Jesus an uns tut, wenn er uns die Füße wäscht.

 

Petrus ist da der andere Apostel. Er ist leidenschaftlich und greift vielleicht manches Mal daneben. 

Aber er sucht weiter nach dem Willen Gottes und lässt Jesus an ihm Handeln; er lässt sich von ihm die Füße waschen. 

Seine Leidenschaft gilt Jesus. 

Trotzdem wird er schwach werden und seinen Herrn verleugnen. - Aber eigentlich will er  ihn nicht verraten, denn er liebt ihn. 

 

Das unterscheidet ihn von Judas. 

Petrus wird als Märtyrer sterben; Judas will selbst über seinen Tod noch selbst bestimmen. Er lässt Gott nichts mehr übrig zu tun. - Wie egoistisch.

 

Das Mahl, das wir heute feiern, ist dazu das Gegenmodell. Ihn diesem Mahl ist es Gott, der sich in unsere Hand gibt. 

Im Brot will er in uns leben und in uns handeln, damit durch uns sein Wille geschehe.

 

 

 

Karfreitag

Nicht mein Wille geschehe, sondern Dein Wille geschehe. Was für ein krasser Weg, den Jesus da gewählt hat. Sein ganzes Leben hat er gewusst, dass er nur dafür lebt, damit sich die Schrift erfüllt. Sein ganzes Leben hatte er investiert – für diesen Gott, seinen Vater. Er hat auf ihn gehört. Manchmal gezweifelt und gehadert, und doch ist er treu geblieben. 

 

Er hätte doch einfach sein Leben ändern können: weglaufen, seine Haut retten, sich dem System anpassen, die Klappe halten, die Schreinerei seines Stiefvaters übernehmen können. 

Es wäre so einfach gewesen. 

Kein Schein-Gericht, keine schmerzende Dornenkrone, keine Demütigung, keine Entmenschlichung, keine Nägel, die die Hände und Füße durchbohren, keine Lanze die sich tief in das Fleisch eingräbt. Kein Tod am Kreuz. 

 

Nicht mein Wille geschehe, sondern Dein Wille geschehe.

Jesus hat das ernst genommen. Das war letztendlich seine Lebensentscheidung. - Er wußte, dass die Befreiung und Erlösung der zukünftigen Generationen von seiner Treue abhing. 

 

Dabei ist er ganz Mensch gewesen und geblieben. 

Er hat mit ihnen in und für die Gemeinschaft gelebt. Er hat seine Liebe verschenkt an Andere. Hat seine - von Gott,seinem Vater geschenkten - Fähigkeiten  eingesetzt und ist so zum Vorbild für seine Freunde geworden. Selbst in seiner schwierigsten Stunde ist er Mensch geblieben: In der Stunde seines Todes.

Er spürt den Schmerz, und Mensch wie er ist, hat er Angst im Angesicht des Todes und verzweifelt: 

„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

 

Diesen letzten irdischen Weg musste Jesus gehen, damit sich die Schrift erfüllte. So starb er in die Hände  seines Vater hinein. 

Nicht mein Wille geschehe, sondern Dein Wille geschehe, mein Vater. 

 

 

 

Osternacht / Ostern

 

Am Gründonnerstag-Abend sind wir eingetaucht in die Intensivphase des Tridumm sacrum“ – in die Heiligen Tage. Gemeinsam mit mehreren Gemeinden haben wir das Abendmahl gefeiert und seinen Kreuzes-Tod am Karfreitag in der Kirche beweint.

 

Der heutige (gestrige) Karsamstag hatte seine ganz eigene Prägung: 

Es ist der einzige Tag an dem es offiziell keinen Gottesdienst gibt. Der Tabernakel ist leer. Es ist still in der Kirche. Es ist der Tag der Grabesruhe Jesu. – Jesus liegt verstorben im Grab. 

Eine Spannung macht sich breit, die nur schwer zu fassen ist. Es ist kaum auszuhalten, man wartet gespannt und ungeduldig, dass dieser Tag vorbei geht. – Der Karsamstag ist von seiner Bedeutung her ein dunkler Tag, der uns in das Licht – in das neue Leben – führt.

 

Wir feiern Ostern! Das Fest der Feste in unserem Kirchenjahr, es ist Dreh- und Angelpunkt unseres Kirchenjahres. Wenn wir miteinander die Osternacht und den Ostermorgen erleben, erfahren wir, wie aus Tod Leben wird, aus Dunkel Licht.

Dieses Ereignis passiert aber nicht plötzlich, es vollzieht sich nicht von Jetzt auf Gleich. Es geschieht langsam. 

In der Osternachtsliturgie wird aus der kleinen Flamme der Osterkerze, die zunächst nur wenig die Kirche erhellt, begleitet von dem Ruf „Lumen Christi“, Schritt für Schritt durch das Weitergeben des Lichts ein großes, helles Licht. 

 

Die Kerzen, die von Ihnen in den Händen getragen werden, erhellten nur einen kleinen Umkreis, der gerade dazu ausreichte, die Texte im Gotteslob zu lesen. Dann wurden auch die Kerzen im Altarraum entzündet! 

 

Beim festlichen Gloria, als dann auch das elektrische Licht den Kirchraum erhellte, konnte ich das Strahlen – das Licht – in Ihren Gesichtern erkennen. 

 

Wir feiern Ostern! – Vom Dunkel zum Licht! 

Es geschieht langsam. 

Diese Erfahrung machen wir jetzt auch, wenn es um die Weiterentwicklung unseres Pastoralen Raumes Corvey für die nächsten Jahre geht. Viele Überlegungen, Anstrengungen und Gespräche sind notwendig. Auf dem Weg dorthin wird es viele kleine Stationen geben. – Wie zum Beispiel das gemeinsame feiern des österlichen Triduums. 

 

Auch das ist in der Osternachtsfeier erfahrbar: 

Im langen Teil des Wortgottesdienstes, der noch im Halbdunkel gefeiert wird, hörten wir von Stationen der Heilsgeschichte, wie Gott sein Volk Israel geführt hat – bis zum absoluten Höhepunkt:

der Auferstehung seines Sohnes Jesus, der zum Christus geworden ist. 

 

Das Licht ist noch klein; aber es ist da.

Viele Menschen tragen den Prozess des Pastoralen Raumes mit. Dafür dürfen wir sehr dankbar sein.

 

Wir alle haben den Auftrag, dieses Licht, Jesus Christus, weiterzugeben an die Menschen. Wir alle haben den Auftrag unsere eigene Berufung ernst zu nehmen.

Durch die Gnade der Taufe ist Gott in uns ein Teil geworden, den wir nicht verleugnen können, der gelebt werden will.   

Jeder von uns kann und soll seine Berufung im Alltag durch praktisches  christliches Handeln verwirklichen. 

 

Das ist zunächst wichtiger als alle Strukturen und Fakten, Analysen und Prognosen, die manch Einem vielleicht ängstlich machen, wie auf Dauer der Glaube am Ort gelebt werden kann.

 

Viele Abläufe, Veranstaltungen, Gottesdienste und Eucharistiefeiern werden sich örtlich, zeitlich und in der Häufigkeit verändern. -  

Die Entscheidung als aktiv gläubiger Katholik zu leben wird für jeden Einzelnen bewusster werden müssen.

Dies wird dann zur Folge haben, dass man auf Dauer feststellt, dass die katholische Gemeinde nicht am eigenen Kirchturm aufhört, sondern auf regionalen und globalen Ebenen wirkt und lebt. – 

Der Begriff „Schwester und Bruder“ bezieht sich auf jeden Einzelnen von uns, der mit uns in unserem Glauben lebt und leben will. – So müssen wir uns dann auch verhalten, egal wo wir uns begegnen.

 

Auch wenn es bei allen Veränderungen Höhen und Tiefen geben wird, sagt Ostern uns, dass Gott die Geschichte zum Ziel führt, durch die Auferstehung Jesu. Er begleitet uns, auf ihn lohnt es sich zu hören. - 

Sein Wille geschehe, nicht unser eigener Wille, der doch so oft, so eng ist.

 

Vertrauen wir auf seine Begleitung und seine Verheißung, die er als Auferstandener gibt: „Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“